Mittwoch, 21. März 1945, gegen Mittag, sitzt die Familie De Ruiter in ihrem Haus in der Parallelstraat am Mittagstisch. Vater Hendrik (Schweinezüchter und Widerstandskämpfer), Mutter Geertje und zwei ihrer Kinder: Sohn Jacob und Tochter Aaf. Letztere war zu diesem Zeitpunkt erst 10 Jahre alt. Plötzlich tauchen überall Männer in Uniform auf, eine Gruppe von etwa 120 SD-Offizieren und Landwächtern stürmt in das Haus und den Garten der Familie De Ruiter. Die Familie wird mit lautem Geschrei aus dem Haus gezwungen und das Haus wird durchsucht.
Sie waren auf der Suche nach dem Geheimagenten Cornelis Hendrik van Bemmel, der einen Sender benutzte, um von einem geheimen Versteck bei der Familie De Ruiter militärische Informationen an das BI in London zu übermitteln. Sohn Jaap fungierte monatelang als Henks Kurier und leitete eingehende Nachrichten an den Widerstand weiter. Die Besatzungstruppen hatten es geschafft, den Sender zu entschlüsseln und wussten, dass Henk irgendwo dort sein musste. Kurz zuvor hatten sie die Milchfabrik um die Ecke akribisch durchsucht, aber den Geheimagenten und seinen Sender dort nicht gefunden. Am Ende brauchte es einen Hund, um das getarnte Versteck im Haus der Familie De Ruiter zu finden. Van Bemmel versuchte zu fliehen und tötete dabei zwei Deutsche, wurde aber selbst tödlich verwundet. Er starb einen Tag später im Krankenhaus von Assen.
Die gesamte Familie De Ruiter wurde im Haus der Gefangenen eingesperrt, jeder in einer eigenen Zelle, auch der kleine Aaf und später der jüngste Sohn Hendrik Jan. Alle wurden in den Wochen ihrer Inhaftierung regelmäßig verhört. Das Verhör von Vater Hendrik war brutal. Trotzdem lässt niemand etwas durchgehen. Die kleine Aaf darf von Zeit zu Zeit außerhalb ihrer Zelle spielen und ihre Mutter jeden Tag besuchen. Während sie spielt, hört ihr Vater sie singen und ab und zu können sie miteinander reden. Auf Wunsch ihres Vaters durfte Aaf an ihrem 11. Geburtstag nach Hause gehen; sie wurde von einer Tante aufgenommen.
Mitte April 1945 steht Drenthe kurz vor der Befreiung. Kanadische Panzer sind auf dem Vormarsch. Die Deutschen werden nervös und schlagen noch mehrere Tage lang hart zurück. Am 10. April, drei Tage vor der Befreiung von Drenthe, wurden 13 Männer aus dem „House of Detention“ gezerrt und in zwei offenen Armeewagen abtransportiert. Es handelte sich um mindestens fünf Widerstandskämpfer aus Assen und drei französische Fallschirmjäger. Sie waren auf dem Weg zu einer Hinrichtungsstätte in der Nähe des Asserbos. Zufälligerweise spielt Aaf draußen, als sie die Armeewagen vorbeifahren sieht und einen Blick auf ihren Vater und ihre Brüder erhascht. Es ist das letzte Mal, dass sie sie sehen wird. In dieser Nacht werden sie erschossen.
Im Jahr 1994 wurde die Parallelstraat in Assen zu Ehren des Widerstandskämpfers in Hendrik de Ruiterstraat umbenannt. Am 15. September 2017 erhalten Hendrik und seine Söhne Jaap und Henk posthum die Auszeichnung der Ehrenlegion für ihre Tapferkeit im Zweiten Weltkrieg. Und am 4. Oktober 2018 erhalten die verstorbenen Familienmitglieder jeweils einen eigenen Stolperstein in der bis dahin bestehenden Hendrik de Ruiterstraat. Aufgrund von Bauarbeiten sind die Stolpersteine vorübergehend entfernt worden. In der Zwischenzeit kann man der Familie De Ruiter an der Hinrichtungsstätte gedenken, die jetzt ein Parkplatz am Sportpark bei De Bonte Wever ist. Hier steht ein Denkmal für alle, die in dieser Nacht dort umgekommen sind.
Foto: ©Harry de Jong via Traces of War
Stolpersteine für die Familie De Ruiter
Hendrik de Ruiterstraat 11
9401 LA
Assen
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